Das Bild zeigt mich in unserem Garten

    Trauerrednerin   Ulrike Kehl



Meine Arbeit sehe ich als Kunst im Dienst der Lebensbewältigung. Ob ich eine Trauerzeremonie gestalte oder eine Hochzeit oder einen runden Geburtstag oder auch eine Zeremonie nach einer Geburt. Meine Arbeit ist für mich kein Beruf, sondern eine Berufung, in die alles einfließt, was ich im Laufe meines Lebens erfahren und gelernt habe:
 Geboren bin ich im Jahre 1962 in Neunkirchen. Ich bin verheiratet und habe ein Kind. Frühe Prägungen waren das Aufwachsen in einer naturnahen Umgebunge: Hinter unserem Haus gab es mitten in der Industriestadt  freies wildes Gelände, mit Quellen, kleinen Wasserläufen, in denen man Kaulquappen finden konnte inmitten von Wiesen, Bäumen und Büschen.
Dann die enge Verbindung zum Allgäu, wo ich als Kind und Heranwachsende viele paradiesische Wochen erlebt habe. Und nicht zuletzt durch die Verbindung zwischen West und Ost.
 Mein Vater ist Saarländer, meine Mutter ist in Cottbus geboren und nach der Zerstörung der Stadt in Niedersachsen aufgewachsen. Wir hatten noch viele Verwandte in der DDR. Die Familie war geteilt worden wie das Land. Und das prägt.
 Nach dem Abitur habe ich zunächst Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte studiert. Dann ein Theologiestudium begonnen, das ich in Heidelberg mit Fakultätsexamen abschloss. Studienschwerpunkt war ab dem 5. Semester die Trauerzeremonie und die Trauerpsychologie.
 Nach dem Examen arbeitete ich 10 Jahre in der Erwachsenenbildung in Heidelberg, Mannheim, Bensheim, Saarbrücken, Homburg und Bous. Schwerpunkte: Geschichte, Religion und weibliche Spiritualität, Ritualkunst als Hilfe zur Lebensbewältigung.
  Seit einigen Jahren arbeite ich als Trauerrednerin. Dafür war ich bereits sehr gut vorbereitet durch meine Ausbildung und langjährige Erfahrung in der Erwachsenenbildung sowie durch die Themen, die mich seit meinem Studium beschäftigten. Meine Themen umkreisten die Fragen: Wie haben Menschen in der Geschichte versucht, ihr Leben zu bewältigen. Wie haben die unterschiedlichsten Kulturen versucht, mit den Ereignissen, die unser Leben bestimmen, umzugehen. Die "rites de passage" von van Genepp waren ein erster Einstieg in dieses Thema. Ethnologische, kulturgeschichtliche Studien haben sich daran angeschlossen. Bis in die fernste Menschheitsgeschichte bin ich mit der Archäologie und der Kulturanthropologie gereist. Monografien über Tod und Trauer beschäftigen mich seit meinem Studium. Wegweisend Bowlbies Monografie "Verlust, Trauer, Depression". Oder die "Geschichte des Todes" von Arriès.
 Ich bin orientiert an der Humanistischen Psychologie, eine große Bedeutung für meine Arbeit und mein Selbstverständnis haben auch Alice Miller und die Kommunikationspsychologie von Friedemann Schultz von Thun bekommen. Im Mittelpunkt steht die und der Trauernde bzw. die Trauernden. Das genaue Wahrnehmen dieses bzw. dieser Menschen, ihrer/seiner Situation, ihres/seines Ausdrucks, ihrer/seiner Wünsche sind der Wegweiser für die gemeinsame Entwicklung einer Trauerzeremonie, die dem verstorbenen Menschen und denen, die um ihn trauern, gerecht werden kann. Und die damit eine echte Hilfe bietet in dieser Situation des Übergangs, die liebevoll über diese Schwelle führt.